Das Kreuz mit dem Kreuz

Das Kreuz mit dem Kreuz

Es gibt ja so Phasen im Leben, da läuft nicht immer alles so schnurgerade wie man das selbst gerne hätte oder wie es von außen vielleicht sogar aussieht.
Und ja, in so einem Moment stecke ich gerade.
Wer in den letzten Tagen meine Posts auf Instagram und Facebook verfolgt hat, weiß schon Bescheid: Ich habe einen Bandscheibenvorfall!
Aua, aua, aua!
Das ist so ziemlich das Schmerzhafteste, was ich seit langer Zeit erleben musst – und ja, ich habe fünf Kinder zur Welt gebracht.
Ich habe also in den letzen Tagen unser Haus aus einer völlig neuen Perspektive kennengelernt: nämlich vom Fußboden aus.
Das war zeitweise der einzige Ort und die einzige Position, in der ich überhaupt einigermaßen sein konnte.

Und während ich da so mit schmerzverzerrtem Gesicht rumlag, hatte ich Zeit mir mal ein paar Gedanken zu machen – „Warum ausgerechnet jetzt? Weshalb ich? Womit habe ich das verdient? Wieso tut das so schweinemäßig weh? Will mir mein Körper etwas damit sagen? Wie geht es mit dem Lädchen weiter? Was mache ich mit den Kids? Wird das bald wieder, es gibt doch soviel zu tun?“ … und noch jede Menge anderer Fragen
Ihr seht, es waren eine ganze Menge W’s, die mir da so durch den Kopf geschwirrt sind.
Und auch nicht auf alle habe ich bis jetzt eine Antwort gefunden.

Etwas ist mir aber doch klar geworden: Ich bin nicht besonders gut darin NEIN zu sagen und perfektionistisch bin ich wohl auch.
Was sich hier so locker schreibt und liest, war ein ziemlicher AHA-Effekt für mich.
Klar, ich höre immer wieder, dass sich Freunde, Bekannte und Kundinnen darüber wundern, wie ich alles unter einen Hut kriege – also Kinder, Familie, Haus, Laden, Onlineshop und und und.
Meist lache ich dann nur und verweise darauf, dass das doch ganz normal sei und alles schon irgendwie laufe.
In meiner Käfer-Liege-Position auf dem Fußboden habe ich mir nun aber doch mal die Zeit genommen genauer in mich hinein zu horchen und die letzten Monate noch mal zu durchdenken.
Und es stimmt schon, dass war ein ganz schöner Brocken, den ich da mit mir herumgetragen habe:
Wir haben ein Haus gebaut und einen Umzug mit 5 Kids gewuppt.
Ich habe einen Laden renoviert und neu eingerichtet, ich habe nebenbei das Lädchen und den Onlineshop weiter geführt und ich habe definitiv viele Nächte an Nähmaschine, Bügeleisen und Schreibtisch verbracht, um mein vorgenommenes Pensum zu schaffen.
Und das alles habe ich nicht irgendwie gemacht, sondern mit dem Anspruch an mich selbst, dass es möglichst schön und perfekt werden soll.
Sicherlich habe ich das alles nicht alleine gewuppt und vor allem meine Mädels im Laden waren und sind mir eine riesige Hilfe, gerade auch jetzt, wo ich außer Gefecht gesetzt bin, merke ich, dass ich ein ganz tolles Team an meiner Seite habe (TAUSEND DANK Bärbel, Ela, Claudia und Clarissa – ihr seid SPITZE!!) und trotzdem ist das ein ziemlicher Balanceakt, alles am Laufen zu halten.

Es ist ja eigentlich eine einfache Rechnung, die sicherlich viele Frauen aufmachen können:
100% Mutter + 100% Geschäftsfrau + 100% Ehefrau + 100% eigener Anspruch = 400% Anforderung
Und wer ist schon auf die Dauer in der Lage immer 400% zu geben? 24 Stunden an 7 Tagen die Woche?

Klar, viele von uns haben super Ehemänner und Partner, tolle Familien, die helfen und prima Freunde und Freundinnen auf die wir uns verlassen können und doch fällt es uns oft schwer, auch mal ein paar Prozent der Anforderungen abzugeben und Verantwortung in andere Hände zu legen. Also mir geht es jedenfalls so!
Vielleicht liegt genau da der Knackpunkt. Es sind gar nicht immer die Anforderungen von außen, die es uns manchmal schwer machen, alles zu schaffen, oft ist es auch der eigene Anspruch an uns selbst.
Manchmal müssen wir uns bewusst machen, dass nicht immer alles hochglanzpoliert sein muss, dass es nicht realistisch ist, den ganzen Tag im Laden zu stehen und Abends noch ein gesundes und ausgewogenes 3-Gänge Menü für die liebe Familie zu zaubern, dass dann auch noch so hübsch aussehen muss, dass es 100 Likes auf Facebook und Instagram kriegt.
Es darf auch mal die Fertigpizza sein und auch ungewaschene Kinder können glückliche Kinder sein! Der richtige Kerl liebt einen auch im Schlabberoutfit und ohne frischlackierte Fingernägel und der Laden läuft, auch wenn die Fensterdeko nicht jede Woche wechselt;o)
Das ist nicht schlimm und frau ist deswegen noch lange keine schlechte Mutter, miese Ehefrau oder Versagerin in geschäftlichen Dingen.

Vielleicht sollten wir uns das alle mal gaaaaaanz groß auf einen Zettel schreiben und uns immer dann durchlesen, wenn wir wieder mal an den eigenen Fähigkeiten zweifeln, unsere Ansprüche höher sind als der Mount Everest und die bunten Bilder auf Instagram und Konsorten uns vermitteln, dass bei anderen alles immer so locker flockig leicht daherkommt.
Man sieht ja doch immer nur, was andere einen sehen lassen und wahrscheinlich ist das nicht immer die ganze Realität.

Lange Rede, kurzer Sinn, ich habe mir vorgenommen meinen Bandscheibenvorfall für mich positiv zu nutzen und in Zukunft mehr auf mich und meine Bedürfnisse zu hören, mir ab und zu eine Pause zu genehmigen, wenn ich das Bedürnis habe und nicht darauf zu warten, dass mir mein Körper eine Zwangspause verordnet.
Das klingt doch nach einer Aufgabe, oder? Wer von Euch hat denn manchmal das gleiche Gefühl? Geht es Euch auch so? Oder doch ganz anders?

Aber weil ich diesen Artikel bei RUMS poste – ich dachte hier passt das Thema ganz gut hin, schließlich geht es bei RUMS um uns „Weiber“ -, soll es natürlich nicht nur um meine Befindlichkeiten gehen, ich will Euch auch zeigen, was ich diese Woche für mich mit meinen Händen gemacht habe.
Ich habe die Zeit meiner Zwangspause nämlich genutzt und ein Projekt angefangen, dass ich schon länger in meinem Kopf spazieren trage und dass ich nun in Angriff genommen habe, ganz ohne Druck und ohne Perfektionsanspruch: Ich habe gelernt, wie man häkelt.
Und was soll ich sagen: Das macht richtig Spaß und geht sogar mit kaputtem Rücken auf der Couch!! Ab sofort hänge ich bestimmt öfter mal an der (Häkel-)Nadel.
Zuerst ist mir ja eine Decke durch den Kopf gegeistert, dann habe ich mich aber an meinen neuen Vorsatz erinnert und erst mal mit einem kleineren Projekt begonnen. Ich habe Kissen gehäkelt.
Vielleicht sind meine Maschen noch nicht ganz gleichmäßig und perfekt, aber ich finde die Kissen sind trotzdem wirklich schön geworden und können sich absolut sehen lassen.
Findet Ihr nicht auch?!>

So, ich hoffe, ich habe Euch nicht zu lange aufgehalten mit diesem ewig langen Text, aber das musste mal raus!

Jetzt geht’s ab zu RUMS.

Ahoi,
Eure Natascha



7 thoughts on “Das Kreuz mit dem Kreuz”

  • Liebe Natascha,
    wunderschön sind deine Kissen geworden! <3
    Aber ganz konntest du die Finger ja doch nicht von der Nähmaschine lassen – trotz Aua-Rücken… 😉
    Deinen Text finde ich ganz wunderbar und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Erkenntnis schon Gold wert ist – auch wenn man sich zwischendurch immer wieder daran erinnern muss. 😉
    Ich wünsche dir von Herzen, dass du bald wieder richtig fit bist!
    Viele liebe Grüße von
    Anke

  • Liebe Natascha,
    es gibt da so eine schöne Postkarte im Netz, auf der steht:

    Mama, mach mal nix.

    „zwinkerzwinkerwinkmitdemzaunpfahlbzwmitdemhäkelkissen“ Ab mit dir nach draußen auf die Terrasse in die Sonne. Man möge dir dort einen Hugo oder einen kühlen Wein servieren. Und dann, siehe Postkartenspruch.
    Ich wünsche dir gute Erholung,
    Kathrin 🙂

  • Hallo !
    Der Post ist toll. Ich finde es super was Du da geschrieben hast und musste schmunzeln. Es ist schon manchmal verrückt das man erst mal an sich selbst denkt wenn man mal krank ist.
    Und ich kann Dir sagen wenn Du einmal die Liebe zur Häkelnadel entdeckt hast werden bestimmt noch viele Projekte folgen, denn es gibt nix entspannenderes wie abends auf dem Sofa zu häkeln.
    Liebe Grüße Lysann

  • Liebe Natascha,
    ich wünsche dir von ganzem Herzen gute Besserung. Manchmal hilft der Körper sich selbst. … es ist leider häufig sehr schmerzhaft.
    Nutze die Zeit und lasse dich auch mal verwöhnen.
    Bis bald. Alles Gute.

    A

  • Hallo,

    ja – das ist wohl wahr. Alles davon! Gerade Rückenprobleme haben auch viel zu tun mit „zuviel geschultert“, „alles aufgeladen“ etc. Richtig. Einzeln sind die Sachen, die Du gemeistert hast schon heftig (weiss ich aus eigener Erfahrung!!). Soviel gehäkelt und doch keine Ruhe gegönnt ;-)). Muss sein! Bandscheibenvorfall (braucht Zeit). Hatte nur eine Vorwölbung das in Schwangerschaft und an dem Tag noch ins Büro, weil musste w/ großen Deal – egal – abends erst gegen 22 Uhr daheim – Hätte das mein Mann getan, ich hätte ihn vor die Tür gesetzt. Betreibe keinen Raubbau an Dir! Setze an Dich die gleichen Massstäbe wie an Deinen Mann und an Deine Kinder. Empfehle ein gutes Buch wie z. B. Müttermafia von Kerstin Gier oder andere tolle Bücher und es ist trocken – zumindest am Niederrhein – rauf auf die Terasse und in die Sonne und Rest läuft! Bestimmt! Gute Besserung! Glückwunsch zu Deiner Erkenntnis – großer Schritt – jetzt geht es ans Umsetzen und Verzeihen! Verzeih Dir, dass Du jetzt mal nicht kannst und dass das gut ist! Alles Liebe!

  • Hallo Natascha,
    dein Artikel gefällt mir richtig gut. Ich habe mich in fast allen Gedanken wiedergefunden. Vor ein paar Wochen habe ich auch eine Woche lang wie ein Käfer auf dem Rücken gelegen. Da gehen einem viele Gedanken durch den Kopf. Was ist nur, wenn du wieder fit bist? Schafft man (frau :-)) es wirklich, kürzer zu treten oder es lockerer anzugehen? Ich muss auf jeden Fall noch viel daran üben.
    Mach´s gut und weiterhin gute Besserung,
    Claudia

  • Liebe Natascha,
    beim Googeln auf der Suche nach Informationen, wer da eigentlich Stoffvernäher sucht, bin ich an diesem Post hängengeblieben. Ich kann nur sagen, deine 400% sprechen mir aus der Seele. Statt fünf Kindern gibt es in meinem Haushalt zwar nur drei Rabauken (auch wenn ich grundsätzlich das Gefühl habe, die zählen wie die doppelte Menge Kind), aber eben auch Mann, Haus, Job und eigener Anspruch.
    Ich mache mir also auch mal so meine Gedanken…
    Liebe Grüße
    Anik

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